Der gesamte heimische Handel blickt dem Ende des harten Lockdowns und der Wiedereröffnung des stationären Non-Food Handels am 7. Dezember hoffnungsvoll entgegen. Die vom Finanzminister Anfang der Woche präsentierten zusätzlichen Staatshilfen für betroffene Betriebe können das Schlimmste abfedern, wenngleich die Deckelung des Umsatzersatzes mit 800.000 Euro gerade den vielen größeren, beschäftigungsintensiven Unternehmen heftiges Kopfzerbrechen bereitet. Sie werden dadurch vielerorts im Regen stehen gelassen.
Ähnliches gilt auch auf Konsumentenseite: Es braucht ein Klima der Zuversicht, denn Konsum ist Psychologie. Nur so können wir es schaffen, die rapide gestiegene Sparquote zu reduzieren und in Transaktionen umzuwandeln, die hierzulande Arbeitsplätze sichern. Die Initiative „Österreich schenkt Arbeitsplätze“ des heimischen Handels setzt genau hier an.
Handel hat aus den Erfahrungen nach dem ersten Lockdown gelernt
„Der Umsatz im Weihnachtsgeschäft ist entscheidend, um die Verluste aus dem Lockdown so gut es geht zu kompensieren und langfristig alle Arbeitsplätze erhalten zu können. Jeder weitere Tag, an dem der Handel im Dezember geschlossen bleibt, befeuert das Händlersterben. Unsere Betriebe können viele Lernerfahrungen aus dem Frühjahr mitnehmen und haben detaillierte Sicherheitskonzepte ausgearbeitet, um auch mit dem verstärkten Kundenandrang nach der Wiedereröffnung gut umgehen zu können
. Oberstes Ziel ist es, die Kundenströme zu entzerren und einen reibungslosen Kundenzufluss und -abfluss sicherzustellen“, stellt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will klar.
„Natürlich kam der harte Lockdown bis 6. Dezember für die Branche zur Unzeit, die Schließung fällt voll in die Sondereinkaufstage Black Friday und Cyber Monday sowie in das angelaufene Weihnachtsgeschäft. Umso wichtiger ist eine erfolgreiche Wiedereröffnung des Non-Food Handels ab 7 . Dezember, bei der die Gesundheit der Konsumenten wie auch unserer Mitarbeiter oberste Priorität hat“, versichert Ehrentraud Schreck, Geschäftsführerin von Conrad Electronic Österreich.
„Wir stationären Händler brauchen die Wiedereröffnung mehr denn je, um endlich wieder persönlich für unsere Kunden da sein zu können. Der Handel bietet eine sehr sichere Umgebung sowohl für die Konsumenten als auch für die 600.000 Beschäftigten, bis dato ist in der Branche kein einziger Corona-Cluster aufgetreten“, so Martin Wäg, Geschäftsführer von Kastner & Öhler.
Selbstverständlich wird sich der Handel weiterhin an alle Vorgaben der Bundesregierung zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung halten. Dazu zählen die Einhaltung des Mindestabstands, der Appell, möglichst bargeldlos zu bezahlen, die bundesweite Maskenpflicht beim Einkauf, der Einsatz von Plexiglas-Schutzwänden insb. im Kassenbereich, die Bereitstellung von Desinfektionsmitteln im Eingangsbereich, intensivierte Reinigungsintervalle, eine regelmäßige Kommunikation über die Abstandsregeln und Maßnahmen, sowie die Begrenzung der Kundenzahl in den Geschäften auf max. 1 Kunde pro 10m2 Verkaufsfläche.
Durchdachtes Besuchermanagement ist das A und O
Großflächenbetriebe (u.a. Bau- & Pflanzenmärkte, Möbelhäuser, Lebensmittelgroßhandel) und Shoppingcenter können dank ihrer weitläufigen Verkaufsflächen und Besucherzählsystem Kundenströme aktiv steuern und damit ausreichend Flächen bzw. Abstände zwischen den Konsumenten sicherstellen. Darüber hinaus haben viele Händler noch zusätzliche Konzepte entwickelt, die je nach Region und Standort umgesetzt werden.
„Das A und O ist ein durchdachtes Besuchermanagement. Wir haben sehr gute Mittel und Werkzeuge, um die Besucherwege zu steuern und alle Sicherheitsmaßnahmen des Gesundheitsministeriums einzuhalten“, erklärt Alpaslan Deliloglu, Country Manager & CSO von IKEA Austria. „Zum Beispiel werden wir für den Fall, dass sich vor unseren Einrichtungshäusern Warteschlangen bilden, Bereiche unserer Parkplätze sperren
. Somit können die Abstandsregeln unter wartenden Besuchern jederzeit problemlos eingehalten werden. Des Weiteren stellen wir zusätzliches Personal bereit, um kritische Wartebereiche zu steuern.“
Handel forciert Hygiene-Schulungen für die Beschäftigten
In allen Geschäften gilt ohnehin die Vorgabe von max. 1 Kunde pro 10m2 Verkaufsfläche. Aber auch für den Fall, dass sich vor den Geschäften Warteschlangen bilden, sind die Händler gewappnet. „Wir haben für jene Bereiche, wo es zu Stoßzeiten mehr Zulauf geben könnte, proaktive Konzepte ausgearbeitet, um die vorgeschriebenen Abstandsregeln immer gut einhalten zu können. Vielerorts werden beispielsweise von der Öffnung bis zum Ladenschluss alle Kassen durchgängig besetzt sein, um Schlangenbildung zu vermeiden“, bestätigt Holger Schwarting, Vorstand von SPORT 2000.
„Weitere COVID-Sicherheitsmaßnahmen im Handel umfassen spezielle Trainings für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um sie auf die Einhaltung der Sicherheits- und Hygienevorkehrungen detailliert zu schulen“, sagt Peter Langer, Geschäftsführer der OBI Gruppe.
„Die Sicherheitskonzepte des österreichischen Handels umfassen den gesamten Einkaufsprozess – vom Betreten des Geschäfts über den Aufenthalt bis hin zur Bezahlung im Kassenbereich, wo etwa Aufsteller und Regale entfernt werden können, um mehr Platz für den Verbraucher zu schaffen“, fasst Thorsten Schmitz, Geschäftsführer von INTERSPORT Österreich, zusammen.
„Der Handel, allen voran die Großflächenbetriebe, haben in Sachen Abstand und Hygienemaßnahmen stets vorbildlich gehandelt. Bei uns sind die Flächen so groß, dass Ansteckungen de facto ausgeschlossen werden können“, ergänzt Franz Koll, Geschäftsführer von Bellaflora.
ACSP: 100 Shoppingcenter wollen Infrastruktur für COVID-Teststraßen bereitstellen
Mehr als 100 heimische Shoppingcenter planen überdies, ihre Infrastruktur für COVID-Teststraßen zur Verfügung zu stellen und damit die Massenteststrategie der Bundesregierung zu unterstützen. „Im Sinne der Solidarität werden wir den zuständigen Gesundheitsbehörden gerne unsere Parkflächen für COIVD-Teststraßen kostenfrei zur Verfügung stellen“, bestätigt Jean-Erich Treu, Eigentümer des Leoben City Shopping (LCS).
Einige Shopping Malls wollen ihren Kunden und Beschäftigten – in enger Abstimmung mit dem ACSP, den Behörden und lokalen Apotheken – auch COVID-Schnelltests in den Eingangsbereichen anbieten.
Öffnungszeitenflexibilisierung auf freiwilliger Basis sinnvoll, um Kundenströme zu entzerren
Stephan Mayer-Heinisch, Präsident des Handelsverbandes und Obmann des ACSP (Austrian Council of Shopping Places), steht auch der viel diskutierten Sonntagsöffnung im Dezember unter der Bedingung positiv gegenüber, dass diese auf freiwilliger Basis erfolgt: „Eine Sonntagsöffnung am 13. und 20. Dezember – ausschließlich auf freiwilliger Basis – könnte helfen, die Frequenzen und Kundenströme im stationären Handel besser zu verteilen, was aus epidemiologischer Sicht sinnvoll sein kann. Die Händler wiederum hätten durch eine Verlängerung der Öffnungszeiten unter der Woche die Chance, ihre Umsätze im Weihnachtsgeschäft zu erhöhen. Davon würden auch berufstätige Konsumentinnen und Konsumenten profitieren, die werktags nach der Arbeit oder am Wochenende einkaufen möchten.“
Andererseits muss aber auch beachtet werden, dass die Personalkosten im Handel unter der Woche nach 18:30 Uhr, am Samstag ab 13:00 Uhr und am Sonntag generell aufgrund von Zuschlägen um ein Vielfaches höher sind. Das ist gerade für viele kleinere Betriebe, die seit mehr als neun Monaten massiv unter der COVID-Krise leiden, kaum zu stemmen. Überdies kann nicht jeder Händler von Umsatzzuwächsen ausgehen, in manchen Bereichen würde lediglich eine Umsatzumverteilung stattfinden. Es darf daher keinesfalls zu einer Offenhaltepflicht kommen, egal an welchem Standort. Jeder Händler sollte autonom entscheiden dürfen, ob er am Sonntag öffnen will und kann, oder nicht. Da auch die 600.000 Beschäftigten im heimischen Handel im Corona-Jahr 2020 bereits belastet waren, empfiehlt der Handelsverband eine Sonntagsarbeit im Dezember ausschließlich auf freiwilliger Basis.
„Wir würden eine Sonntagsöffnung auf freiwilliger Basis begrüßen. Als Unternehmer brauchen wir aber Planungssicherheit und ein möglichst einfaches, transparentes Entlohnungssystem, das den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und Anforderungen unserer Kundinnen und Kunden entspricht„, verweist Schuhhändler Franz Holzer, Geschäftsführer von Dominici, auf das komplexe Thema der Zuschläge im Handel.
Handel hofft auf faire Entschädigung für Umsatzausfälle
„Seitens der Politik wurde immer versprochen, dass niemand in dieser Krise zurückgelassen wird. Gerade jetzt, wo das Weihnachtsgeschäft richtig anläuft und die doppelten Gehälter sowie hohe Mieten anstehen, brauchen die Betriebe rasche Unterstützung, um eine halbe Million Arbeitsplätze im Non-Food Handel abzusichern“, appelliert Thalia-Geschäftsführer Thomas Zehetner an die politischen Entscheidungsträger.
„Wir haben vollstes Verständnis für die verschärften Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie, zumal die Infektionszahlen zuletzt besorgniserregend angestiegen sind. Wenig Verständnis haben wir jedoch für eine Umsatzersatzquote von lediglich 20 Prozent, wenn alle anderen direkt betroffenen Branchen wie die Gastronomie, der Tourismus und sogar Wettcafés im Lockdown mit 80 Prozent entschädigt werden“, sagt Thomas Körpert, Geschäftsführer von Forstinger.
„Der November ist für viele Händler der wichtigste Monat des Jahres, weil die Produkte noch zum Vollpreis verkauft werden. Durch den harten Lockdown ist das komplett weggebrochen. Entscheidend ist daher, dass alle betroffenen Händler für ihre Umsatzausfälle rasch und fair entschädigt werden. Der Lockdown darf nicht zu einem Amazon-Förderungsprogramm werden“, so Handelsverband-Vizepräsident Norbert Scheele, C&A Director of Countries Österreich und CEE, abschließend.
Weitere Informationen finden Sie unter www.handelsverband.at
Quelle: Handelsverband