Creditreform KMU-Umfrage Österreich, 1. Halbjahr 2024: Mittelstand im Sog der Rezession

Die mittelständische Wirtschaft erwartet keine spürbare Konjunkturerholung im Jahr 2024. Das zeigt die aktuelle Frühjahrsstudie der Creditreform Wirtschaftsforschung in der 1.700 Unternehmen befragt wurden. Demnach haben sich die Geschäftserwartungen im Mittelstand während der letzten sechs Monate kaum verbessert und bleiben mehrheitlich pessimistisch.

„Die Geschäftslage war im vergangenen Winterhalbjahr mehr als unbefriedigend, vor allem im Baugewerbe und im Verarbeitenden Gewerbe. Die Ertragslage kann sogar als katastrophal bezeichnet werden, über der Hälfte der Unternehmen meldete rückläufige Erträge“, fasst Gerhard Weinhofer, Geschäftsführer vom Österreichischen Verband Creditreform, die Ergebnisse zusammen. So sinkt das Creditreform Geschäftsklima-Barometer, das die Ist-Lage, die Erwartungshaltung und als Conclusio daraus die aktuelle Stimmung darstellt, auf minus 5,0 Punkte. Im Vorjahr waren es noch plus 9,7 Punkte. Solch einen schlechten Wert gab es weder am Höhepunkt der Corona-Pandemie noch während der Finanzkrise 2009.

Die Umfrageergebnisse zeigen: Auch in den ersten Monaten des Jahres verzeichnete der Mittelstand eine insgesamt schwache Konjunkturlage. Überwiegend wurden gesunkenen Auftragsbestände gemeldet, die Umsätze entwickelten sich deutlich schwächer als üblich zu dieser Jahreszeit. Nur wenige Unternehmen verzeichneten ein Umsatzplus (18,4 Prozent der Befragten), während 43,6 Prozent der Unternehmen einen Rückgang meldeten.

Erwartungen bleiben pessimistisch

In allen Wirtschaftsbereichen werden die Geschäftserwartungen erheblich von der Rezession beeinflusst und sind größtenteils pessimistischer als im letzten Frühjahr. Der Erwartungsindex des Mittelstandes bleibt im negativen Bereich und lässt eine weiterhin schlechte Geschäftslage in den kommenden Monaten erwarten. Insbesondere das Verarbeitende Gewerbe und der Handel sind pessimistisch. Im Baugewerbe wird der übliche positive Saisoneffekt im Frühjahr dieses Mal von der Krise überlagert.

„Die Erwartungen im Mittelstand sind so zurückhaltend wie seit der Finanzkrise 2009 nicht mehr. Bei den Unternehmen herrscht eine große Unsicherheit, bedingt durch den Ukraine-Konflikt, möglichen Veränderungen in der Geldpolitik und der allgemein schlechten Konjunkturlage“, sagt Weinhofer. Derzeit rechneten nur 17,7 Prozent der befragten Unternehmen mit steigenden Umsätzen (Vorjahr: 26,7 Prozent), mehr als jeder Dritte (34,1 Prozent) erwarte Umsatzrückgänge.

 Investitionsbereitschaft historisch niedrig

Die österreichischen KMU haben im letzten Winter mehr Personal abgebaut als neue Stellen geschaffen. Auch dies ist auf unsichere Wirtschaftsaussichten und eine schlechte Auftragslage zurückzuführen. 29,5 Prozent der Unternehmen meldeten eine verkleinerte Belegschaft (Vorjahr: 21,0 Prozent), im Verarbeitenden Gewerbe fast jeder Zweite (45,1 Prozent). In den kommenden Monaten dürfte sich der Personalabbau zudem fortsetzen. Jedes 4. Unternehmen will Personal abbauen.

Hohe Finanzierungskosten und pessimistische Konjunkturaussichten bremsen auch die Investitionsbereitschaft, die auf den niedrigsten Stand seit 1997 gesunken ist. Nur noch 30,7 Prozent der Unternehmen planen Investitionen. „In allen Bereichen des Mittelstandes sinkt die Investitionsbereitschaft. Entsprechend gering ist aktuell die Kreditnachfrage der Unternehmen“, erläutert Weinhofer. Aufgrund der Verschärfung der Finanzierungsbedingungen wachse gleichzeitig die Sorge vor einer Kreditklemme. 50,9 Prozent der Befragten befürchten, keine Finanzierung mehr zu bekommen (Vorjahr: 38,0 Prozent).

 

Eigenkapitalschwäche im Handel

Der Anteil eigenkapitalschwacher Unternehmen mit einer Eigenkapitalquote von unter 10 Prozent ist zuletzt gestiegen. Besonders im Dienstleistungsgewerbe und im Handel haben viele Unternehmen eine Eigenkapitalschwäche. Gleichzeitig meldeten mehr Unternehmen als im Vorjahr eine solide Quote von über 30 Prozent. Vor allem im Verarbeitenden Gewerbe lag der Anteil eigenkapitalstarker Unternehmen deutlich höher als im Vorjahr.

Conclusio

Die heimische Wirtschaft befindet sich im Sog der negativen Wirtschaftsentwicklung des wichtigsten Handelspartner Deutschland. Zusätzlich bringt eine der höchsten Teuerungsraten in der Euro-Zone wichtige konjunkturtreibende Branchen wie die Immobilienwirtschaft, den Bau sowie die Industrie in Bedrängnis. Dazu kommt angesichts der allgemeinen Verunsicherung durch Polykrisen ein Rückgang im Binnenkonsum. Es wird an der neuen Bundesregierung liegen, die bekannten Themen wie Pension, (Wirtschafts-)Bildung, Integration und Standortsicherung anzugehen und Österreich zukunftsfit zu machen. Ebenso müssen bürokratische Hemmnisse (kein Gold Plating, weniger Berichtspflichten) endlich abgebaut werden, der Staat nach dem Ende der Pandemie schlanker und effizienter werden. Die Exportwirtschaft als wesentliche Konjunkturlokomotive muss durch faire Freihandelsabkommen gefördert werden. In der Steuerpolitik sollte ein Grundsatz gelten: Fleiß und Leistung müssen belohnt werden.  

Weitere Informationen finden Sie unter www.creditreform.at
Quelle: Creditreform