Mit Fassungslosigkeit und scharfer Kritik reagiert der österreichische Handel auf die in der Nacht diskutierten neuen Corona-Restriktionen für Wien, Niederösterreich und das Burgenland. Entgegen jeder wissenschaftlichen Evidenz gibt es in der Ostregion über Ostern einen harten Lockdown. Rund 10.000 Geschäfte in drei Bundesländern sind von den erneuten behördlichen Schließungen von Gründonnerstag (1. April) bis Dienstag (6. April) betroffen. Ihnen entgehen damit vier umsatzstarke Einkaufstage im Ostergeschäft.
Handel ist kein Corona-Hotspot – Geschäftsschließungen epidemiologisch nicht nachvollziehbar
„Der vierte harte Lockdown und die erneute Schließung des gesamten Non-Food Handels in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland wäre für unsere Branche ein absoluter Albtraum. 10.000 stationäre Händler in Ostösterreich müssten erneut zusperren und damit Umsatzverluste von einer halben Milliarde Euro verkraften. Ihnen würde damit schon das zweite Mal in Folge das so wichtige Ostergeschäft entgehen“, sagt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will in einer ersten Stellungnahme.
Erst am Montag hatte die Bundesregierung in einer Pressekonferenz angekündigt, dass es im Handel keine Geschäftsschließungen geben werde, da dieser kein Ort für Corona-Ansteckungen sei. Das bestätigen im Übrigen auch sämtliche wissenschaftlichen Untersuchungen. Die jüngste AGES Clusteranalyse belegt etwa, dass 84% der Corona-Ansteckungen im Haushalt oder im Bereich der Freizeit passieren. Im Handel sind hingegen bislang keine Ansteckungen bekannt, wie der Wiener Bürgermeister am Montag selbst noch bestätigt hatte.
Ein weiteres Ostergeschenk für Amazon – auf Kosten der heimischen Steuerzahler?
„Die Gesundheit der Menschen steht für uns unbestritten an erster Stelle. Doch der Handel ist kein Corona-Hotspot. Das beweist der Lebensmittelhandel, der die Grundversorgung der Bevölkerung Tag für Tag sicherstellt . Und das belegen mittlerweile auch unzählige wissenschaftliche Studien von internationalen Spitzenuniversitäten“, stellt Rainer Will klar. „Geschäftsschließungen haben keinen Effekt auf das Infektionsgeschehen, sie kosten aber Unsummen. Daher ist jeder Tag, an dem der Handel geschlossen halten muss, ein schlechter Tag, der Arbeitsplätze kostet und das psychische und soziale Leid erhöht, ohne eine Verbesserung bei den Corona-Fallzahlen zu erwirken. Das einzige Unternehmen, das davon massiv profitieren würde und sich über ein vorgezogenes Ostergeschenk freuen darf, ist Amazon.“
Gerade der April zählt für viele Handelsbetriebe aufgrund des Ostergeschäfts und dem Verkaufsstart der Frühjahrskollektion zu den umsatzstärksten Monaten des Jahres. Der vierte harte Lockdown käme daher wie schon die letzten drei (Ostergeschäft 2020; Black Friday 2020; Weihnachtsgeschäft 2020) erneut zur Unzeit und sorgt bei den betroffenen Unternehmen für Verzweiflung.
Osterruhe nach deutschem Vorbild? Kanzlerin Merkel zieht rechtzeitig Reißleine
Es spricht in Zeiten einer Pandemie nichts gegen harte gesundheitspolitische Maßnahmen. Der österreichische Handel unterstützt auch jede sinnvolle Maßnahme mit aller Kraft und hat dies als Partner der Bundesregierung bei der Umsetzung der Hygiene- und Sicherheitskonzepte in der Praxis mehrfach bewiesen. Die Erstausstattung der Bevölkerung mit Masken, die Einhaltung der Maskenpflicht, der Mindestabstand oder das aktive Besuchermanagement u.a. durch eine maximale Kundenanzahl in den Geschäften – all das wird vom Handel bestmöglich gelebt.
„Die Eindämmung des Pandemiegeschehens hat für uns oberste Priorität. Daher hätten wir uns heute eine nachvollziehbare, klare Strategie auf wissenschaftlicher Basis erwartet. Was am Montag gesagt wurde, sollte auch am Mittwoch noch Gültigkeit haben. Nur so können auch wir unseren Kunden und Beschäftigten Planungssicherheit geben. Die heute diskutierte ‚Osterruhe‘ würde die Fallzahlen jedenfalls kaum nach unten drücken. Stattdessen müssen wir bei den Impfungen Gas geben und endlich versuchen, die Corona-Ansteckungen im Privatbereich in den Haushalten in den Griff zu bekommen“, ist Rainer Will überzeugt.
Der Handelsverband hofft daher weiterhin auf eine zielgerichtete Lösung und steht hierzu im laufenden Austausch mit den politischen Entscheidungsträgern.
Weitere Informationen finden Sie unter www.handelsverband.at
Quelle: Handelsverband