Gestern endete die zweite Runde der Kollektivvertragsverhandlungen für den Handel ohne Ergebnis. Die Arbeitgeberseite hat bereits in der ersten Verhandlungsrunde eine maßvolle, realistische und faire KV-Erhöhung von +2,8 Prozent angeboten, das entspricht einem Plus von 1 Prozent auf die tatsächliche aktuelle Inflation von 1,8% im September sowie im Oktober 2024. Heute wurde von Arbeitgeberseite sogar auf +3,1 Prozent nachgebessert. Diese KV-Erhöhung würde sich auf der absoluten Oberkante bewegen.
Handel muss drittes Jahr in Folge mit rückläufigen Umsätzen verkraften
Die Arbeitnehmerseite fordert hingegen eine Erhöhung um +4,3% plus zusätzliche freie Tage – und damit eine Erhöhung weit über der rollierenden Inflation von +3,8 Prozent. Aus Sicht der gesamten Branche ist dies schlicht unfinanzierbar, ohne viele Arbeitsverhältnisse zu gefährden. Warum? Einerseits verzeichnet der österreichische Handel heuer bereits das dritte Jahr in Folge mit real rückläufigen Umsätzen. Anderseits ist die Kostenbelastung für die heimischen Händler in den letzten drei Jahren durch die Decke gegangen.
Keine Branche im Land ist stärker von Pleiten betroffen
Die logische Konsequenz? „Keine Branche im Land ist stärker von Insolvenzen betroffen als der Handel. Keine Branche muss zurzeit mehr Schließungen verkraften als wir. Nur ein Drittel der Handelsbetriebe wird das heurige Jahr mit einem Gewinn abschließen. Angesichts der extrem herausfordernden Lage ist das neue Angebot der Arbeitgeberseite mit +3,1 Prozent bereits sehr hoch“, bestätigt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will. „Ein noch höherer Abschluss wäre jetzt wie ein schwerer Rucksack, der die Branche zusätzlich belastet und viele Unternehmen die wirtschaftliche Existenz kosten würde. Unser Ziel ist daher ein tragfähiger Kompromiss, der den Handel stabilisiert und den Beschäftigten eine sichere Perspektive bietet.“
„Wir bedauern sehr, dass in der zweiten Runde der Kollektivvertragsverhandlungen wieder keine Einigung erzielt werden konnte. Leider hält die Arbeitnehmerseite weiterhin an nicht stemmbaren Forderungen fest, die unsere Betriebe in dieser Lage unmöglich erfüllen können. Im zweiten Jahr der wirtschaftlichen Rezession wäre mehr Augenmaß und Realitätssinn dringend angebracht“, ergänzt Handelsverband-Präsident Stephan Mayer-Heinisch. „Wir stehen zu unserer Verantwortung für die Beschäftigten, aber auch zur Sicherung von Arbeitsplätzen – was in dieser schwierigen Zeit nur mit Augenmaß gelingt.“
KV-Rekordabschluss 2023 zeigt: Höhere Einkommen fließen nicht in den Konsum
Eines hat der KV-Rekordabschluss von 2023 (im Schnitt +8,39%) jedenfalls klar gezeigt: Massive Einkommenszuwächse fließen – entgegen allen Prognosen – nicht in den klassischen Konsum (= Kauf von Waren), sie erhöhen vielmehr die Sparquote. Mittlerweile liegen wir in Österreich bei stolzen 11,4%, 2025 rechnet das WIFO sogar mit einem Anstieg der Sparquote auf 11,5%.
Erschwerend hinzu kommt die Verschiebung der Konsumausgaben weg vom klassischen Warenkauf hin zu Reisen, Urlaub, Gastronomie und Selbstoptimierung. Das Konsumentenvertrauen ist zwar zuletzt marginal angestiegen, liegt aber weiterhin auf niedrigem Niveau.
„Wir werden unseren Beschäftigten auch heuer bei der Bewältigung der Teuerung entgegenkommen. Wir können aber nur gemeinsam durch die Krise kommen, in welcher der Konsum an Waren fern blieb und die Sparquote gleichzeitig stark angestiegen ist, genauso wie die Ausgaben für Urlaub, Freizeit und Reisen. Konsum braucht Vertrauen, stabile Rahmenbedingungen und eine Perspektive, die den Menschen und den Unternehmen gleichermaßen Sicherheit gibt“, so Rainer Will, der Sprecher des österreichischen Handels. Der Forderung nach mehr freien Tagen erteilt Will angesichts der Krise eine klare Absage.
Die Arbeitgeberseite bleibt jedenfalls gesprächsbereit und setzt auf eine konstruktive Zusammenarbeit, um gemeinsam eine tragfähige Lösung mit Weitblick zu finden.
Weitere Informationen finden Sie unter www.handelsverband.at
Quelle: HANDELSVERBAND